Hilfe von der WG-Therapeutin
"Meine Mitbewohnerin hat mich angezeigt"

Mann und Frau (Symbolbild)
Ben* schreibt:
Sehr geehrte Frau Stiehler,
ich wohne in einer Berufstätigen-WG in Flensburg. Wir wohnen zu dritt, manchmal auch zu viert in einer sehr geräumigen Altbauwohnung. Wir haben vier große und zwei halbe Zimmer. Vor etwa zwei Jahren zog eine Frau aus Berlin bei uns ein - Lena*. Wir freundeten uns an, machten viele Ausflüge und Spaziergänge. Nach etwa einem Jahr kauften wir uns sogar gemeinsam ein Segelboot.
Dann kam Lena mit einem Freund von mir zusammen. Sie wollte viel Zeit bei ihm verbringen und daher in ein halbes Zimmer innerhalb der WG umziehen, um weniger Miete zu zahlen. Ich hatte Bedenken - wegen der laufenden Miete für ihr großes Zimmer - und das fand sie nicht in Ordnung von mir.
Wir konnten uns trotz mehrerer Gespräche nicht einigen und sie sagte mir schließlich, sie könne nun gar nicht mehr mit mir zusammen wohnen. Sie habe Angst vor mir, ich wäre übergriffig und sie könnte mich auch anzeigen. Daraufhin verließ sie die Wohnung. Ich war total schockiert.
Zwei Tage später kündigte sie fristlos und einige Tage danach war ihr Zimmer leer und die Schlüssel lagen auf dem Küchentisch. Zwei Wochen später kam ein Schreiben von einer Rechtsanwältin: "Die Kündigung wäre wegen meines Verhaltens berechtigt, welches aber hier nicht weiter thematisiert werden soll " - dazu die Aufforderung die Kaution auszuzahlen. Ich geriet in Panik und zahlte sie.
Du hast WG-Kummer?
- Silja Götz
Einige Monate wollte ich zumindest meine Kaltmiete (700 Euro) von ihr erstattet bekommen. Aber sie zahlte nicht. Auch eine Schlichtung beim Schiedsamt blieb ergebnislos. Dann erhielt ich eine Vorladung bei der Polizei: Lena hatte mich wegen Nachstellung, also Stalking angezeigt.
Der Staatsanwaltschaft erklärte ich, dass ich lediglich die Kaltmiete von Lena wollte. Und die Anzeige wurde relativ schnell eingestellt.
Nun weiß ich nicht weiter. Haben Sie eine Idee, was ich nun noch machen könnte? Sollte ich unsere gemeinsamen Bekannte bitten, mit ihr zu reden?
*Name geändert
Zur Person
- Amac Garbe
Sabine Stiehler antwortet:
Hallo Ben,
Sie tragen hier etwas auf der Sachebene aus, was auf der Beziehungsebene nicht geklärt ist. Als Lena in die WG gezogen ist, haben Sie viel für sie gemacht, viel Zeit mit ihr verbracht. Sie haben sich zusammen sogar ein Boot gekauft. Auch für Lena war das praktisch, schließlich war sie neu in der Stadt. Im Laufe der Zeit hat sie sich eingelebt, sich verliebt, ist mit jemandem zusammengekommen.
Mir scheint, damit fühlten Sie sich vor den Kopf gestoßen und waren auch etwas enttäuscht. Auch Lena schien mir enttäuscht, weil ihr Plan mit der Miete nicht aufgegangen ist und sie Gegenwind erhielt. Plötzlich standen Sie sich mit unterschiedlichen Bedürfnissen gegenüber.
Lena wollte sich von Ihnen abgrenzen, hat mit ihrer Anzeige allerdings wahnsinnig übertrieben. Aber vielleicht war ihre Reaktion auch proportional zu Ihrem Verhalten? Vielleicht fühlte sie sich durch Sie zu sehr vereinnahmt?
Ich raten Ihnen dazu, Lena loszulassen. Brechen Sie jeglichen Kontakt zu ihr ab. Versuchen Sie auch nicht, über gemeinsame Bekannte mit ihr zu reden. Was soll das noch bringen?
Wenn Sie Ihre Kaltmiete unbedingt zurückhaben wollen, dann schalten Sie einen Anwalt ein - aber mischen Sie sich nicht mehr selbst in die Sache ein. Hören Sie auf, sich daran "festzubeißen". Akzeptieren Sie, dass es ein Lehrgeld für zu viel praktische und emotionale Investition in die Freundschaft war.
Bitte beachten Sie bei neuen Mitbewohnern, was passieren soll, wenn es zu Konflikten kommt und schreiben Sie dies auch auf. Das ist zwar unromantisch, aber spart am Ende Zeit und Nerven.