Dschungelcamp-Finale
Noch einmal kotzen, dann war sie Königin
Zum Schluss lieferte Evelyn noch einmal eine schöne Coverversion des römischen Sprichworts "per aspera ad astra", durch den Staub zu den Sternen, die so schief verhühnert war wie all ihre eigenwilligen Umdeutungen von historischen Persönlichkeiten, geografischen Verhältnissen und deutschem Steuerrecht, die sie in ihrer Dschungelzeit als verlässlich schnurrende Klimbim-Maschine abgeliefert hatte.
Nun war bei ihrer finalen Prüfung eben eine Portion wieder hervorgespiehenes Schafshirn die letzte zu durchwatende Hürde vor dem zuletzt unausweichlichen Dschungelthron - Mitfavorit Peter wurde Dritter, Felix, der sein Fähnchen bald in den Yottawind, bald in den Currywurstdunst hängte und sich gerierte, als sei vor ihm noch nie ein Mensch Vater geworden, gottlob nur Zweiter.
Natürlich hat Evelyn vermutlich wegen ihrer köstlichen Tölpel-Miniaturen gewonnen, die selbst, wenn sie wirklich kalkulierte Masche sein sollten, doch immer wieder durch ihre Kreativität und entwaffnende Arglosigkeit unterhielten - sie war stets soft in einem Camp, dem die dauernden Männchenkämpfe der spinnefeindlichen Auswanderer einen dominant-groben Stempel aufdrückten.
Wenn man sehr optimistisch ist, darf man ihren Sieg - und die damit verbundene 100.000-Euro-Prämie - aber auch als Reparationszahlung sehen. Für all die giftige Männlichkeit, die Mitcamper wie Yotta, CWM, Domenico und Tommi in den vergangenen zwei Wochen wie unkontrollierte Rasensprenger über dem Camp versprühten. Und die (zumindest in der Twitter'schen Filterblase) in dieser Staffel so ernsthaft als inakzeptabel geächtet wurden wie nie zuvor. Oder vielleicht zum ersten Mal in der Campgeschichte überhaupt tatsächlich als offensichtliches Fehlverhalten gesehen wurden.
Die hochaggressiven Jaykhanschen Angriffe gegen Sarah Knappik, die handgreiflichen Winfriedglatzederschen Schubsattacken gegen Larissa Marolt - womöglich würden sie heute wirklich nicht mehr als grobkomödiantische Unterhaltung, sondern als die ahndungswürdigen Übergriffe verstanden, die sie sind. Hoffen darf man ja.
Ein kleiner Schimmer
Evelyns vorherrschende Rolle mag die des munter plappernden Quietschgirls gewesen sein, aber unverzagt sprach sie im Camp auch immer wieder genau dieses Fehlverhalten an. "Hätte ich das gemacht, hätte ich von allen Seiten Ärger bekommen", sagte sie, als Yotta regelwidrig flüssiges Wachs ins Lagerfeuer kippte. Ein kleiner, lapidarer Satz, der vielleicht aber doch dem einen oder anderen Zuschauer immerhin ein "Stimmt eigentlich" abringen konnte.
Das Dschungelcamp steht gewiss nicht im Verdacht, ein pädagogisches Format sein zu wollen, und kann gerade darum, wenn es möchte, in seinen besten Momenten auch subtiles Lehrstück sein. Dessen Lektionen freilich nicht alle verstehen.
Fast noch mehr Spaß als das eigentliche Campgeschehen machten in den vergangenen Tagen die Instagram-Stories des zuerst aus dem Camp geworfenen Domenico - nachdem die Followerrate auf der Bildchenplattform in dieser Staffel immer wieder von diversen Campern als deprimierend bedeutsame Kapitalform gewürdigt wurde, darf man sie wohl endgültig als wichtige Sekundärquelle behandeln.
"Scheiß auf die Presse"
Domenico jedenfalls verstand die Welt nicht mehr, als er von den Zuschauern nach seinen paternalisierenden Übergriffen gegen Evelyn in seltener, lobenswerter Konsequenz die Quittung bekam. Und posierte für seine Insta-Stories in einem Wildpark penetrant mit niedlichen Tieren: "Hallo Känguru, willst du was sagen? Schick mal einen Gruß nach Deutschland, zu den ganzen Bösen", versuchte er sich in verschlimmbessernder Imagekorrektur.
Das war tatsächlich amüsanter zu verfolgen als das ja traditionell eher dröge Finale, das aber auch ein paar lohnende Szenen hatte. Die schönsten:
- Der CWM, der zurück im Hotel vollmundig behauptet: "Scheiß auf die Presse, das interessiert mich alles nicht. Oder - war da irgendwas nicht so gut?" Und wie sein Manager mit einem goldenen "Hmtja" antwortet, mit diesem ganz speziellen, beunruhigenden Beruhigungstonfall, den man sich an der Managerschule wahrscheinlich in anstrengenden Praxisseminaren im Schmierensprachlabor antrainieren muss.
- Der geschasste Yotta isst glücklich Schinken an der Tankstelle.
- Torsten Legat bekommt von Sonja und Daniel für seine Sidekick-Verdienste den Hodenbandorden verliehen.
- Evelyn spricht mit so perfekter u-Deklination-Betonung von "Anuuusblut", dem aus mehreren Anüssen angezapften Rotsaft also, dass sie ein Ranger an dieser Stelle besser doch noch einmal sorgfältig hätte abtasten müssen, weil sie vermutlich doch heimlich ein mindestens kleines Latinum ins Camp geschmuggelt hat.
- Die drei Finalisten verabschieden Peter mit einem wohl kosakisch gemeinten "Ataman!"-Schlachtruf in die Prüfung - und wenn man gerade nicht richtig hinhört, weil man mit vollen Backentaschen Eierlikörpralinen kaut, denkt man versehentlich, sie hätten alle zusammen hochmotiviert "Alter Mann!" gebrüllt.
Für das Schlusswort zur diesjährigen Staffel, die deutlich inspirierter war als in den beiden Vorgängerjahren, aber doch nicht ganz an die goldenen Glanzzeiten anknüpfen konnte, möchte man sich dann zum ersten und bis in die Ewigkeit vermutlich einzigen Mal ganz aufrichtig und unironisch Bastian Yotta anschließen: "Vermissen werde ich hier keinen groß, da bin ich ganz ehrlich", sagte er in seinen letzten Dschungelstunden seinen Mitcampern. "Sobald ich hier raus bin, werd' ich nicht mehr groß an euch denken."
Yo, geht uns ähnlich.