Schwere Niederlage für Boris Johnson
Oberste Richter erklären Zwangspause für britisches Parlament für rechtswidrig
Es ist die nächste herbe Niederlage für Premierminister Boris Johnson und eine Entscheidung, die neue Bewegung in das Londoner Brexit-Chaos bringen könnte: Großbritanniens Oberster Gerichtshof hat die hochumstrittene Zwangspause für das Parlament in London als unzulässig eingestuft. Damit dürfen die Abgeordneten in Kürze wieder zusammenkommen - gegen den Willen der Regierung.
Die Queen hatte auf Verlangen des Premiers Mitte September die Sitzungsperiode des Parlaments beendet. Grundsätzlich ist das ein üblicher Akt, etwa wenn die Regierung neue Schwerpunkte in der Regierungsarbeit setzen will. Allerdings ist nun der Zeitpunkt in den finalen Wochen vor dem EU-Austrittstermin der Briten am 31. Oktober äußerst brisant. Zudem ist die Pause ungewöhnlich lang. Johnson wird deshalb vorgeworfen, er wolle mit dem Manöver die Abgeordneten kaltstellen, um zu verhindern, dass ihm diese beim Brexit noch in die Quere kommen.
Ein Gericht in Schottland hatte die Zwangspause zuvor bereits für illegal erklärt, während der High Court in London befand, es handele sich um eine rein politische Frage, in die sich die Justiz nicht einmischen könne. Beide Urteile waren nun Grundlage für die Verhandlung vor dem Supreme Court.
Unterhaussprecher Bercow soll entscheiden
Die Vorsitzende des Gerichts, Baroness Brenda Hale, trug die Entscheidung vor. Das Urteil sei einstimmig gefallen, sagte sie. Die Richter befanden die Prorogation, wie die Aussetzung des Parlaments genannt wird, für "rechtswidrig, unwirksam und ohne Auswirkung". Damit ist klar: Die Abgeordneten dürfen schnellstmöglich wieder zusammenkommen. Unterhaussprecher John Bercow solle nun entscheiden, wie es weitergehe. Dieser erklärte kurz darauf, das Parlament solle umgehend wieder zusammenkommen.
Das Urteil dürfte in vielerlei Hinsicht Folgen haben: Zum einen haben die Richter klargestellt, dass sie in dieser Frage bereit sind, die Machtbalance zwischen Regierung und Parlament zu sichern. Gleichzeitig bedeutet das Urteil auch, dass Premier Johnson die Queen de facto für ein unrechtmäßiges Manöver eingespannt hat. Die Monarchin hat in Großbritannien kaum Macht und muss die Beschlüsse der Regierung umsetzen. Die Oppositionsparteien fordern nun bereits Johnsons Rücktritt.
kev