Clinton vs. Trump
"Ein Mann, der sich von einem Tweet provozieren lässt"
Es war mal wieder eine lange Nacht für Hillary Clinton. "Es ist 3.20 Uhr" twitterte sie früh am Morgen, und es war beileibe nicht ihr letzter Tweet des Tages: Vier weitere Botschaften folgten noch, erst dann gönnte sich die US-Präsidentschaftskandidatin offenbar ein bisschen Ruhe.
Clinton und ihr Rivale geben im Endspurt des Wahlkampfs derzeit alles - mitunter auch zu Lasten der Gesundheit. Derzeit macht Clinton, die mit einer Lungenentzündung zuletzt für ein paar Tage ausgefallen war, gegenüber dem Milliardär Boden gut: Laut einer Umfrage für den Fernsehsender Fox News kommt die US-Demokratin derzeit auf 43 Prozent, Trump auf 40 Prozent.
Seine neuesten Kommentare dürften die Beliebtheitswerte des Republikaners nicht gerade steigern: In der Debatte über eine frühere US-Schönheitskönigin lateinamerikanischer Herkunft, über deren Figur Trump sich schon mehrfach abfällig geäußert hat, legte er nun nach - nachdem Clinton die Geschichte im TV-Duell groß gemacht hatte.
Auf Twitter fragte Trump nun, ob Clinton der "ekelhaften Alicia M." zur US-Staatsbürgerschaft verholfen habe, um ihre Geschichte im TV-Duell gegen ihn verwenden zu können. Als Beleg verweist er auf die Vergangenheit von Alicia Machado und ein angebliches Sexvideo - worauf genau sich Trumps Aussage bezieht, bleibt jedoch offen.
Die aus Venezuela stammende Machado fungiert in Clintons Kampagne als Kronzeugin, um Trumps Sexismus zu belegen: Die US-Demokraten streuen seit Längerem Werbevideos des Ex-Models, das Trump einst als "Fressmaschine" bezeichnete, weil sie 1996 nach einem von ihm organisierten Schönheitswettbewerb ein paar Kilo zugelegt hatte. Machado zufolge soll der Republikaner die damals 18-jährige Latina als "fett" und "hässlich" bezeichnet haben - sie habe daraufhin eine Magersucht entwickelt.
Trump bestreitet seine Kommentare über Machados Körperumfang keineswegs. Schon vor einigen Tagen hatte er gegenüber dem US-Sender Fox nachgelegt: "Sie war die schlechteste, die wir je hatten. Wirklich die schlechteste", so Trump. "Nach ihrem Sieg hat sie massiv an Gewicht zugelegt."
Machado selbst äußerte sich auf Instagram zu den jüngsten Ausfällen des Republikaners: "Diese Attacken sind billige Lügen mit schlechten Absichten", schrieb sie.
Clinton nutzte den jüngsten Ausfall Trumps, um erneut seine Fähigkeiten als Politiker in Zweifel zu ziehen. "Ein Mann, der sich von einem Tweet provozieren lässt", so Clinton, solle keinen Zugriff auf Atomwaffen haben. "Wer steht morgens um 3 Uhr auf, um auf Twitter eine frühere Miss Universum zu attackieren?", fragte sie.
Trump reagierte prompt. "An diejenigen, die mir jetzt vorhalten, um 3 Uhr morgens zu twittern: Zumindest wisst ihr, dass ich da bin, wach, um eure Fragen zu beantworten!" Dass es weniger um die Uhrzeit als um den Inhalt der Tweets geht, dürfte auch Clinton klar sein - aber die schläft nach ihren späten Twitter-Auftritten aus der vergangenen Nacht wohl gerade noch.
Video: Trump gibt nach Debatte seinem defektem Mikro die Schuld
mxw/AP/AFP/dpa