Vielfliegerprogramm Miles & More der Lufthansa
Karte zum Kartoffelsalatparadies

First Class Lounge am Frankfurter Flughafen: Champagner vorm Flug
Der ganz große Protest der Vielflieger blieb aus, als am Montag Details zur Neustrukturierung von Lufthansas Vielfliegerprogramm Miles & More bekannt wurden. Das lag wohl auch daran, dass Lufthansa dazugelernt hat.
2010 wurde die letzte große Umstellung im Programm beschlossen - auch und vor allem war diese mit einer Entwertung von Prämienmeilen verbunden. Weil die Ankündigungsfristen zunächst sehr kurz waren, hagelte es Kritik. Der Vielflieger Tobias Eggendorfer verklagte die Airline.
Diesmal lässt sich Lufthansa Zeit. Die Neuerungen sollen erst 2021 in Kraft treten, bis dahin wolle man viel mit den Kunden ins Gespräch kommen. Das könnte auch notwendig sein, denn die Veränderungen sind groß - sie betreffen nicht das Prämienmeilensystem, sondern jene Berechnung, die darüber entscheidet, ob der Fluggast einen Vielfliegerstatus bekommt, und wenn ja, welchen.
Bisher sammelten Passagiere bei Lufthansa Statusmeilen. Diese waren davon abhängig, wie hochwertig also teuer ein Ticket war, wie weit die zurückgelegte Strecke ist oder für welche Reiseklasse der Flugschein gebucht wurde. Das war mitunter recht tückisch. Wer etwa Business Class von Frankfurt nach Los Angeles flog, bekam manchmal doch nur Economy-Class-Meilenwerte gutgeschrieben, nämlich dann, wenn die günstigste Buchungsklasse P benutzt wurde.
Das soll jetzt alles einfacher werden. Statt Statusmeilen werden Punkte gutgeschrieben (wie es etwa bei British Airways schon länger funktioniert), deren Vergabe orientiert sich an der Entfernung und an der Beförderungsklasse. Die vermutlich wichtigste Änderung für Lufthansa-Vielflieger: Der Status gilt künftig nur mindestens ein statt mindestens zwei Jahre.
Statuslevel spielt mit der Eitelkeit
Die Anforderungen weichen in der Summe nicht wesentlich ab, allerdings achtet Lufthansa mehr darauf, dass Kunden auch wirklich viel mit Linien der Lufthansa-Group fliegen, wenn sie einen Status der Kranich-Linie haben wollen. Auch Bonusmeilen fallen weg für jene Reisenden, die bereits einen Status haben. Sie bekommen aktuell noch 25 Prozent des kreditierten Meilenwertes zusätzlich gutgeschrieben.
Dass in einem gewissen Maß Airtrain-Zugverbindungen für den Status angerechnet werden, erinnert an längst vergangene Zeiten. Weil die Strecke zwischen Stuttgart und Frankfurt am Main für einen Flug zu kurz ist, versah die Lufthansa damals einen ICE-Waggon mit einer Flugnummer und schrieb Meilen für das Bahnticket gut.
Unzählige Meilensammler fuhren daraufhin den ganzen Tag lang in diesen Zügen hin und her - virtuell. Sie kauften die Tickets, checkten von zu Hause aus ein und kassierten die Meilen, ohne ihr Sofa zu verlassen. Irgendwann kam die Lufthansa dahinter und verlangte fortan, dass die Fahrgäste am Bahnhof ganz real einchecken.
Während Prämienmeilen ein simples Rabattsystem sind, spielen Statuslevels mit der Eitelkeit der Kundschaft. Sie sind ein emotionales Thema - manche Menschen reisen mehr oder weniger sinnlos durch die Gegend, nur um die begehrte Karte zu bekommen. Weltweit existieren mehr als 150 Vielfliegerprogramme, Billionen Meilen werden jedes Jahr generiert.
Kunden sind unloyaler geworden
American Airlines (AA) war die erste Fluggesellschaft, die 1981 ein Vielfliegerprogramm gründete. Sein Name: AAdvantage. Schnell zogen fast alle großen Linien nach. Das Geheimnis: Der damalige AA-Chef Robert Crandall hatte herausgefunden, dass fünf Prozent seiner Kunden für 40 Prozent des Umsatzes verantwortlich waren und entsprechend belohnt werden müssten. Die Lufthansa führte ihr Programm erst 1993 ein.
Doch sind Meilensammelprogramme mittlerweile aus der Mode gekommen? Fakt ist: Kunden sind unloyaler geworden. Preise können heute schnell verglichen werden, die wenigsten Firmenreiserichtlinien erlauben es, einfach immer die selbe Fluglinie zu benutzen, wenn es günstigere Alternativen gibt.
Bei Lufthansa beobachtet man zudem ein weiteres Phänomen: Fluggäste bauen sich ihr Reisepaket immer individueller zusammen. Gab es früher Reisende, die ausschließlich First flogen, kommt es heute häufiger vor, dass auf dem Hinweg Business Class geflogen wird - etwa weil noch eine Präsentation fertig werden muss - und auf dem Rückweg der Schlafkomfort der First Class genutzt wird.
Was Miles & More bietet
Glaubt man in Internetforen postenden Vielfliegern, ist Miles & More ein schlimmes Programm: überfüllte Lounges, kaum Statusvorteile, schlechte Konditionen für das Meilensammeln. Doch am Ende gibt es nicht wenige Menschen, die zwar mit anderen Airlines fliegen, ihre Statuskarte aber doch lieber bei Lufthansa haben wollen.
Die Senator Lounges bieten keinen geheimen Luxus, doch den internationalen Vergleich, etwa mit der US-Linie United und ihren "Clubs" genannten Lounges brauchen sie nicht zu scheuen. Die Business-Class-Warteräume der Lufthansa, wegen des spärlichen Caterings als Kartoffelsalatparadies verspottet, bieten eine Basisversorgung für wartende Passagiere.
An Bord sind die Vorteile eines Vielfliegerstatus bei Lufthansa dann überschaubar. Senatoren- und HON-Circle-Mitglieder dürfen früher einsteigen, und im Buchungssystem wird der Nebensitz in der Economy Class geblockt. Ist das Flugzeug aber sehr voll, werden auch diese Sitze vergeben und die Blockierung aufgehoben. Upgrades haben heute selten etwas rein mit dem Status zu tun. Wichtig ist hier auch die Wertigkeit des gebuchten Tarifs. Flugbegleiter sollten Statuskunden beim Service mit ihrem Namen ansprechen - das passiert allerdings selten, zugleich mögen nicht alle Vielflieger allzu viel Vertrautheit.
Wo Lufthansa den globalen Vergleich absolut nicht zu scheuen braucht, sind die First-Class-Lounges. Hier wird Champagner gereicht, es gibt oft einen Fahrservice zum Flugzeug mit einem Porsche, sogar ein Vollbad können Reisende nehmen. In Frankfurt dürfen First-Class-Kunden und HON-Circle-Mitglieder sogar ein eigenes Terminal nutzen, etwas abseits von den eigentlichen Flughafengebäuden. Eine eigene Sicherheits- und Passkontrolle macht das Reisen dort besonders effizient.
Statusverrückte tauschen sich über Kniffe aus
Zuletzt zählten nur Tickets in Business und First Class für die Qualifikation zum HON Circle. Nun können auch Segmente in der Touristenklasse angerechnet werden - wie es früher schon einmal ging. Was HONs ärgern dürfte: Auch ihr Status gilt künftig nur für mindestens ein Jahr. Fällt etwa in einem Jahr ein Projekt in einem fernen Land weg, welches regelmäßige Reisen erforderte, könnte auch der Status futsch sein und muss neu erworben werden.
Längst werden Wege diskutiert, wie zukünftig Statuskarten am einfachsten erworben werden können. Statusverrückte dürften es sich zu einem Hobby machen, auf einer Reise möglichst viele Segmente abzufliegen. Denn jeder Flug zählt. In Foren werden schon Kniffe ausgetauscht, wie durch geschicktes Aneinanderkoppeln von günstigen Business-Class-Flügen der Senator-Status für rund 3000 Euro erwerbbar sein könnte.
Besonders eifrige Kunden können einen Vielfliegerstatus künftig auch lebenslang bekommen. Bisher war das älteren Kunden vorbehalten, das Angebot wurde nie wirklich offiziell beworben. Um etwa den Senator-Status für immer zu erhalten, müsste man zehn Jahre die Gold-Karte gehabt haben und 2000 Mal durch Europa in der Economy Class geflogen sein.