Absage für Tulip Tower in London
"Keine Weltklassearchitektur"
Der Tulip Tower sollte das höchste Gebäude in der City of London werden: Eine 305 Meter hohe "Tulpe" mit einer gläsernen Aussichtsplattform als Knospe. Doch Londons Bürgermeister Sadiq Khan hat nun sein Veto gegen die Pläne des britischen Architekten Sir Norman Foster eingelegt.
Nach genauerer Betrachtung des Bauvorhabens habe der Bürgermeister "ernsthafte Bedenken", teilte Khans Sprecher mit. Er sei zu dem Schluss gekommen, dass die Londoner Bürger nur begrenzten Nutzen aus dem Bau ziehen könnten. Deshalb gebe es keine Genehmigung für die geplante Touristenattraktion.
Khan begründete seine Entscheidung mit den Ergebnissen einer Untersuchungskommission. Diese hatte den Auftrag, die Pläne für das Megaprojekt zu analysieren - und kam zu einem vernichtenden Ergebnis. Konkret listet der Bericht des London Review Panel vier Schwachpunkte des Konzepts auf:
- Das Design genüge schlicht nicht den höchsten Ansprüchen, die solch eine prominente Lage mit sich bringt. Das Gebäude sollte in der Bury Street stehen, in Sichtweite des Tower of London und neben dem Gherkin Tower (Londons berühmte "Gurke", ebenfalls ein Foster-Entwurf).
- Der Turm würde am Ende die Londoner Skyline ruinieren - und den Tower of London in den Schatten stellen: Nähe, Höhe und Material würden die Unesco-Welterbestätte verschlechtern.
- Das Sicherheitskonzept für die Flächen um den Tulip Tower sei ungenügend, und es gebe keinerlei Schutzmaßnahmen gegen Überfüllung.
- Außerdem fehlten Fahrradparkplätze, wie sie das Londoner Verkehrskonzept vorschreibt.
Das Fazit der Prüfer fällt vernichtend aus: "Die 'Tulpe' stellt keine Weltklassearchitektur dar, ihre öffentlichen Plätze genügen weder in ihrer Zahl noch in ihrer Qualität, und ihre gesellschaftliche und ökologische Nachhaltigkeit reicht nicht für die ehrgeizige Höhe und ihre Auswirkung auf Londons Skyline."
Der Tulip Tower ist ein Projekt des brasilianischen Milliardärs Joseph Safra. Sein Planungsteam reagierte enttäuscht auf die Absage und verwies auf den wirtschaftlichen Vorteil, den die Stadt aus dem Gebäude hätte ziehen können. Darüber hinaus gab es keine Stellungnahme. Ob die Pläne überarbeitet werden, ist unklar. Man müsse nun überlegen, wie es weitergeht.
Risiko für die Luftraumüberwachung
Der Tulip Tower sollte vor allem als Touristenattraktion dienen. Statt Büros oder Wohnungen waren eine Bar und ein Restaurant mit einem 360-Grad-Blick über die Stadt geplant. Highlight hätte die Aussichtplattform werden sollen: Geplant waren Glaskugeln, die ähnlich wie Gondeln Besucher an der Außenfassade des Wolkenkratzers entlangfahren sollten.
Zuletzt hatten zudem Experten vom naheliegenden London City Airport gewarnt, das XXL-Gebäude könnte die Luftraumüberwachung stören. Die Glaskugeln könnten die Radarsysteme des Flughafens verwirren, weil sie sich bewegen, heißt es in einem Bericht.
Denkmalpfleger und Betreiber von Touristenattraktionen begrüßten die Entscheidung des Londoner Bürgermeisters. Der Turm - "im Prinzip ein riesiger Aufzugschacht mit einer Glühbirne obendrauf"- hätte das Panorama der Stadt auf immer beschädigt, schreibt der Verband Historic England auf seiner Webseite.
löw/Reuters